Läßt sich das E-Bike wie ein konventionelles Fahrrad nutzen?

Im Online-Frageportal Quora hat vor Kurzem ein Nutzer die Frage gestellt, ob er ein E-Bike genauso wie ein konventionelles Fahrrad nutzen kann oder ob es Unterschiede gibt, auf die er achten sollte.

Das ist eine ganz clevere Frage vor dem Kauf. Die allermeisten E-Bike-Erstkäufer kommen schließlich vom konventionellen Rad und haben hier ihre Erfahrungen mit Technik und Nutzung. Inwiefern fährt sich ein E-Bike anders? Ist der Einsatz im Alltag anders? Welche Faktoren sollte ich beachten, die mir vielleicht noch nicht bewußt sind

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Haibike Pedelec / E-Bike spiegelt sich im Motorrad
Mehr als ein motorisiertes Fahrrad - Das E-Bike ist mir inzwischen lieber als das Motorrad.

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Ist das E-Bike nur ein motorisiertes Fahrrad?

Zumindest bis zur ersten Probefahrt liegt der Gedanke nahe, dass das E-Bike „nur“ ein um einen Motor erweitertes Fahrrad ist – dass einfach der berühmte „Rückenwind“ eingebaut ist.

Wie fantastisch sich diese Kraftsteigerung auswirkt und dass man sich plötzlich fühlt wie mit Siebenmeilenstiefeln unterwegs, dieser Aha-Effekt auf den Proberunden bei einem Freund oder beim Händler spricht dann auch schnell für den Abschluss des Kaufvertrags. Und das ist ja auch gut so: Mit dem E-Bike kommt man meist wesentlich weiter, höher und entspannter an.

Die Kraft macht den Unterschied – aber nicht nur

Die zusätzliche Kraft – das heißt die um bis zum Faktor 3 (manchmal mehr) gesteigerte Muskelkraft – ist natürlich der Unterschied und das klare Hauptargument für den Kauf. Auch Steigungen werden fahrbar, Gegenwind verliert seinen Schrecken, und der Partner fährt einem nicht mehr davon (oder immer weit hinterher).

Bei Umfragen kommt auch immer wieder heraus, dass E-Bike-Fahrer öfter und weiter fahren als bisher mit dem konventionellen Rad. Damit fördert das E-Bike die eigene Fitness und Gesundheit: „Regelmäßiges Radfahren reduziert Gewicht, Krankheitstage und Stress“ – so fasst es z.B. der Bosch Pressedienst zusammen.

Um nun auf die Ausgangsfrage einzugehen, hier ein paar weitere Unterschiede zwischen E-Bike und dem klassischen „Drahtesel“, die sich durchaus im Alltag, in der Zufriedenheit mit dem Kauf , im persönlichen Fahrspaß und auch in der Sicherheit niederschlagen können.

Die wichtigsten Unterschiede zwischen E-Bike und konventionellem Fahrrad – außer dem Motor

Bewegungsradius und Reichweite: Eine der wichtigsten Fragen, die man als Einsteiger kaum abschätzen kann, ist die nach der Reichweite. Eigentlich muss man sich hier kaum Sorgen machen – wenn man nicht gleich Expeditionen plant (dann vielleicht ein E-Bike mit Doppel-Akku?) oder vorwiegend auf Touren mit sehr vielen Höhenmetern setzt.

Für den Alltag und für Ausflüge haben die Akkus und Motoren inzwischen alle genug Power (siehe unser Mittelmotor-Vergleich). Trotzdem gibt es Faktoren, die die pauschal angegebenen Reichweiten von 120 bis 160 km stark beeinflussen: S-Pedelecs kommen weniger weit, höheres Fahrergewicht kostet mehr Energie (das gleiche gilt übrigens für zu niedrigen Reifendruck), und vor allem die eigene Fitness ist ein Faktor, der Energie kostet oder spart.

Wer in der niedrigsten Unterstützungsstufe (meist „Eco+“ oder „Eco“ 25% bis 50% Unterstützung) rollt, ruft bei gleicher Strecke grob gerechnet nur ein Zehntel bis ein Sechstel der Akkupower ab im Vergleich zum Fahren in der höchsten Stufe (meist „Sport“, „High“, „Turbo“ mit bis über 300% Unterstützung). Wer Muskeln, Herz und Kreislauf etwa bergauf durchgehend mit „Turbo“ unterstützen lässt, dem kann dann je nach Steigung schon nach weniger als 20-40 Kilometern die elektrische Puste  ausgehen.

Einige E-Biker stellen übrigens auf Youtube Videos zum Thema Reichweite ein und dokumentieren ihre Touren in Bezug auf Länge, Höhenmeter, Akkuleistung, Motorcharakteristik usw. Ich habe hier eine kleine Playlist zur E-Bike-Reichweite zusammengestellt.

Gewicht und Handling:

Das Handling eines E-Bikes fühlt sich durch das höhere Gewicht (meist ab 22kg) anders an als das eines Fahrrads, etwa beim Umsetzen im Straßenverkehr. Ganz leicht und handlich sind sie eher nicht, auch City-E-Bikes oder Falt-Ebikes. Für den Einen fällt dieser Gesichtspunkt weniger ins Gewicht, für den Anderen – je nach eigener Kraft, Fitness, Strecken, Unterbringung – auch mehr. Inzwischen (Frühjahr 2019) gibt es auch einen Trend zu leichten, agilen City-E-Bikes, Urban E-Bikes bzw. Gravel-E-Bikes wie dem von uns gestesteten Coboc TEN Torino.

Transport:

Das Gewicht spielt auch eine Rolle beim Transport. Auf dem Autodach ist wegen des Kraftaufwands zum Hochhieven nicht so einfach. Auf dem Heckträger ja, wenn das Trägermodell für das Gewicht der E-Bikes ausgelegt und am besten auf der Anhängerkupplung befestigt ist. (Mit Befestigung an der Heckklappe habe ich weniger gute Erfahrungen gemacht, allerdings an einem älteren Automodell…). Manche schwören auch auf den Transport im Auto – was in größeren Kombis, SUVs, Vans und natürlich Modellen wie VW Caddy, Ford Tourneo, Mazda 5 und anderen möglich ist. Ich bekam zwei E-Bikes mit ausgebauten Vorderrädern im Zafira unter – bei umgelegter Rückbank natürlich. Zum Transport im und am Auto, auch zu geeigneten Befestigungen und Schienen, gab es kürzlich auf Facebook eine Diskussion.

Zum Transport in Bus, Bahn, Flugzeug und Schiff hat Bosch einen guten Überblick ins Netz gestellt.

Abstellen / Unterbringung:

Nur die wenigsten möchten Ihr E-Bike im Freien stehen lassen, und das E-Bike mal schnell in den Keller zu tragen ist – selbst mit abmontiertem Akku und je nach Treppe – nicht jedermanns Sache. Fein raus ist, wer sein E-Bike in der Garage unterbringen kann (am besten abgeschlossen – das Thema „Versicherung“ spielt hier mit rein). Es gibt auch spezielle E-Bike- oder Fahrradboxen zum Aufstellen. Für Pendler ist die Frage wichtig, ob das E-Bike, vielleicht ein schnelles S-Pedelec, am Arbeitsplatz sicher und trocken abgestellt (und aufgeladen) werden kann.

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Dies scheint ein Arinos E-Bike von 2014 zu sein. Wohl mit Panasonic Mittelmotor mit 25,2 Volt Akku. Nach einer Anzeige in Ebay zu einem solchen E-Bike hat der Akku noch ca 40 km Reichweite. Reicht noch für den Weg zur Uni oder zur Arbeit!

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Diebstahlrisiko:

Ich lasse mein E-Bike selten aus den Augen, trotz Schloß, bei Pausen, im Café usw. Der Wert und das Diebstahlrisiko sind einfach wesentlich höher als beim Fahrrad.

Alltagstauglichkeit:

Das E-Bike ist wegen seines Werts auch nicht ganz so gut geeignet, um es einmal länger draußen unbeaufsichtigt stehen zu lassen. Etwa vor dem Einkaufszentrum, an der Uni, am Arbeitsplatz – obwohl ich das inzwischen häufiger sehe. Aber dafür gibt es Lösungen – und Versicherungen. Ansonsten sind die E-Bikes, wenn Typ und Ausstattung zur beabsichtigten Nutzung passen – sehr alltagstauglich. Und: Die meisten Modelle lassen sich auch mal flexibel außerhalb ihres eigentlichen Nutzungsspektrums bewegen. Man muss ja nicht gleich mit dem City-E-Bike Bergtrails fahren. Achtung: die beliebten E-MTBs brauchen auf öffentlichen Straßen streng genommen noch eine selten serienmäßige Lichtausstattung!

Fahren ohne Unterstützung:

Auch wenn man meist unter 25 km/h unterwegs ist – das E-Bike kann auch schneller bewegt werden – auch mit eigener Muskelkraft. Ohne den Motor, der sich ja beim Pedelec über 25km/h abschaltet, ist der Tretaufwand durch das Gewicht oft etwas höher. Der nicht mehr unterstützende Motor bremst ganz leicht (bei Bosch m.E. etwas mehr als bei Yamaha, manche Motoren entkoppeln auch komplett).

Wartung, Pflege:

Pedelecs wie S-Pedelecs müssen auch zur Inspektion, um den Sitz von Schrauben, Speichen und Verbindungen zu prüfen und auch um den Motor zu warten. Ohne Inspektion wird die Garantie verfallen. Fullys (hinten gefedert) brauchen etwas mehr Pflege als Hardtails. Geringeren Wartungsaufwand versprechen E-Bikes mit Nabenschaltungen und Riemen statt Kette.

Das E-Bike stellt man besser nicht auf den Kopf zur Wartung – das höhere Gewicht macht das Ganze instabil und man riskiert z.B. Kratzer und Beschädigungen am Lenker und seinen Anbauten. Dafür gibt es spezielle Montageständer. Bei breiteren Reifen (> 2,25 Zoll) berichten einige von großen Problemen beim Ablösen des Reifens von der Felge, etwa beim Schwalbe Nobby Nic  – man sollte sich darauf einstellen, hier etwas mehr Aufwand zu haben und ggf. das Felgenband zu wechseln – oder sich bei Händler helfen zu lassen.

Pannenhilfe unterwegs:

Für Pannen unterwegs greifen viele zu Reifenmilch, Dichtmilch bzw. Pannenspray, anstatt den Schlauch zu flicken oder zu wechseln. O-Ton in einer Facebook-Gruppe: „So ein Pannenspray ist Gold wert wenn man abseits der Straßen tief im Wald eine Panne hat. Brauchte das Zeug auch schon 2 x . Luftpumpe habe ich allerdings immer dabei. Dafür gibt es schließlich Rucksäcke. „

Schieben ist jedenfalls mit dem E-Bike anstrengender (trotz Schiebehilfe) als mit dem konventionellen Rad, und Schieben mit Platten belastet die Felgen stärker.

Facebook-Gruppen für Pedelec-Fahrer

Auf Facebook gibt es eine Reihe von Gruppen, wo die Mitglieder einen regen Erfahrungsaustausch pflegen und wo meist auch konstruktiv und freundlich auf Fragen eingegangen wird – von Kaufempfehlungen über die „Anfängerfragen“ der E-Bike-Einsteiger bis zu speziellen Themen der erfahreneren Radler. Man kann den geschlossenen Gruppen einfach beitreten:

https://www.facebook.com/groups/255795807868568/
https://www.facebook.com/groups/pedelec/
https://www.facebook.com/groups/HaibikeFanClub/

Ich freue mich, wenn der Artikel für den Einen oder Anderen hilfreich ist vor der Probefahrt oder der Kaufentscheidung.

Natürlich erhebt der Artikel nicht den Anspruch, vollständig oder völlig objektiv zu sein. Deshalb sehr gerne Eure Meinungen, weitere Fragen, Ergänzungen, Kommentare und Kritik unten beisteuern!

Quellen / Siehe auch:

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Author: ebikespass

Hallo, ich bin Günter. E-Bikes verbinden für mich ideal Fitness und eine ordentliche Entdeckungsreichweite ... Die Elektrofahrräder tun Umwelt, Körper und Seele gut! Für den Blog teile ich meine technische Neugier und berichte über neue Modelle. Ein persönliches Dankeschön an alle, die mit ihren Kommentaren, eigenen Erfahrungen und Fragen diesen E-Bike-Blog weiter aufwerten und anderen weiterhelfen!

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4 Kommentare

  1. Mein Mann versucht mich zu überzeugen E-Bikes zu kaufen. Ich sehe Vorteil darin wenn man eine längere Radtour plant weil man die Unterstützung vom Motor bekommt aber in der Stadt reicht das Normale wahrscheinlich aus. Wie lange hält denn der Motor bei solchen Fahrrädern ?

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    • Hallo Mailin, das ist eine wichtige Frage. Du meinst wahrscheinlich wie lange der Akku hält, oder? Wie weit du mit einer Akkuladung kommst beim Standardakku mit 400 oder 500 Wh Leistung, z.B. bei einer Tour, hängt u.A. vom Gelände ab (eben, hügelig, viel Gegenwind?) und von der Unterstützungsstufe, also der Kraft, mit der der Motor dich unterstützen soll. Auch das Gesamtgewicht (du, Beladung, E-Bike) spielt eine Rolle. Ich würde sagen zwischen 50 und 100 Kilometer, je nach den Gegebenheiten. Du findest hier einen kompletten Artikel von uns zur E-Bike Reichweite und hier eine Infografik zu den größten Reichweiten-Fressern. Hilft dir das weiter?

      Falls du die Lebensdauer eines Motors gemeint hast, kommentiere hier bitte nochmal. Dann stelle ich dazu etwas zusammen.

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  2. Ich würde auch gerne ein E-Bike anschaffen. Die Gefahr eines Diebstahls sehe ich leider auch sehr kritisch und deshalb leihe ich mir momentan eher eines der Räder aus. So spare ich auch derzeit noch die Wartungskosten.

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    • Danke für den Kommentar. Inzwischen gibt es ganz gute Schlösser und in Kombi mit einem GPS-Sensor trauen sich die Diebe dann nicht gerne an das so gesicherte Rad … Manche Anbieter (teils Schloßhersteller, teils E-Bike-Hersteller, z.B. VanMoof aus NL) bieten auch eine „Mobilitätsgarantie“ mit an.

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