Schon 2013 ließ der Berliner Senat eine Studie zum Umstieg von Berufspendlern auf’s Pedelec beginnen. In 2020 ist Berlin unter den ersten Großstädten weltweit, wo provisorische Zusatz-Radwege aufpoppen – und die Umwidmung städtischer Verkehrsfläche zugunsten der Radfahrer und E-Biker spürbar wird – und hoffentlich bleibt. Denn eines wurde in Zeiten des Lockdown überall klar: Städte mit weniger Autoverkehr sind wesentlich lebenswertere Städte. Mit über 15 Kilometern an neuen Pop-up Bike Lanes („Corona bike lanes“) ist Berlin in guter Gesellschaft mit New York, Bogotá, Wien, Leipzig und München.
In 2015 ging die o.g. EBikePendeln-Studie noch von einer „geringen Alltagsnutzung von Pedelecs im großstädtischen Raum“ aus. Trotzdem das positive Ergebnis:
„Bis zum Projektende hatten 324 Teilnehmende in den beiden Jahren rund 150.000 km insgesamt und durchschnittlich 25.500 km pro Woche mit den Pedelecs zurückgelegt und 6.600 Wege protokolliert. Im Ergebnis ersetzte das Pedelec bei fast 60 % der Wege ein Auto. Im Entfernungsbereich bis ca. 15 km war das Pedelec attraktiver als das Auto. Das entspricht einer Fahrzeit von knapp einer Stunde. Überraschend: das Pedelec wurde als Ganzjahres-Verkehrsmittel erkannt, nur Eis und Schnee konnten die Teilnehmer von einer Pedelec-Fahrt abhalten.“ (Quelle)
Die fahrradfreundlichste Stadt Deutschlands?
Das Pedelec passt zum Pendeln besonders gut nach Berlin: Vom Stadtrand in die Innenstadt sind es maximal 25 bis 30 flache Kilometer, was etwas mehr als einer Stunde auf dem Elektrofahrrad entspricht. Allerdings werden die E-Biker oft ausgebremst: Ältere Radwege sind zu schmal, um mit dem E-Bike andere Radler zu überholen, nicht überall ist die angestrebte Breite von mindestens 1,60 Meter anzutreffen.
Auch 2019 fördert der Berliner Senat wieder den Kauf von Lastenrädern. Autofreie Kieze werden ausbrobiert, und die Critical Mass Berlin hält mit regelmäßigen kostenfreie Radtouren in und um Berlin die Radkultur hoch. „Postfossiler“ Verkehr ist aber dennoch noch ein ganzes Stück entfernt … In der Liste der fahrradfreundlichsten Städte Deutschlands „Coya Fahrradstädte Index“ kommt Berlin Stand 2019 allerdings nicht in die Top 20, beste Stadt national war Oldenburg vor Münster. Weltweit im „Copenhagenize Index“ größerer Städte kommt Berlin interessanterweise – auch Stand 2019 – auf Platz 15. Die beste deutsche Stadt in diesem Index ist Bremen auf Rang 11.
„Ungefähr jeder Dritte kauft ein E-Bike“ – so die aktuelle Aussage vom RADhaus, dem größten Fahrrad- und E-Bike-Geschäft in Berlin und Brandenburg. Am besten gehen bei RADhaus E-Trekking-Bikes, beliebt sind auch bestimmte E-MTB-Modelle.
Hier das Interview.
Interview zur Pedelec-Nachfrage im größten Radgeschäft Berlins
Hier das Interview mit dem RADhaus Berlin zur aktuellen Nachfrage nach Pedelecs und S-Pedelecs in den acht Filialen in Berlin und Brandenburg. Das RADhaus gehört zu den größten Fahrrad- und E-Bike Händlern in Deutschland. Alle acht Filialen verstehen sich auch als e-Bike Kompetenz-Center. Das RADhaus ist trotz der Größe noch heute ein Familienbetrieb.
ebikespass: Bei Berlin und Brandenburg denke ich nicht zu allererst an Berge. Wie seid Ihr darauf gekommen, auf dem „flachen Land“ E-Bikes anzubieten, sogar E-MTBs, und seit wann habt Ihr E-Bikes im Programm?
RADhaus: Wir haben E-Bikes seit ungefähr sieben Jahren bei uns im Sortiment. Angefangen haben wir mit so typischen Tiefeneinsteigern, um älteren Leuten das Fahrradfahren zu erleichtern. Schnell sind aber immer mehr jüngere Zielgruppen dazugekommen, die das E-Bike nutzen um damit zur Arbeit zu fahren. Insofern nehmen E-Bikes bei uns eine immer größere Rolle ein und das Sortiment wird stetig um weitere Marken und Modelle erweitert. Wir haben hier in Brandenburg zwar kein Gebirge, aber unebenes Gelände, kleine Hügel, Feldwege und Wälder. E-Mountainbikes sind vollgefedert und überaus komfortabel, auch auf diesen Terrains. Viele Leute finde es einfach bequem darauf zu fahren. Zudem nehmen immer mehr Leute ihre Fahrräder mit in den Urlaub. Mit einem E-Mountainbike sind sie frei und unabhängig was das Gelände angeht.
ebikespass: Welche E-Bikes werden bei Euch besonders stark nachgefragt – City, Trekking, Touren, E-MTBs, Lasten-Ebikes, Falt-Ebikes?
RADhaus: Am meisten werden bei uns tatsächlich E-Trekking-Räder nachgefragt, weil die Leute ein Fahrrad haben möchten, mit dem sie sowohl zur Arbeit als auch am Wochenende Touren fahren können. Falt-E-Bikes sind ebenfalls sehr begehrt, da hier in Brandenburg und Berlin – das Land der tausend Seen – die Dichte an Bootsbesitzern besonders hoch ist und Falt-E-Bikes wenig Platz benötigen und damit leicht mitzunehmen sind. Auch sogenannte Kompakt-E-Bikes sind komfortable Begleiter für Leute, die viel unterwegs sind. Mit 20 Zoll Rädern und kompaktem Rahmen sind sie praktische Begleiter für die Stadt und auf Reisen – auch für Camper eine tolle Alternative!
ebikespass: Gibt es eine Bestseller-Liste, besondere Favoriten der Kunden?
RADhaus: Unsere Topseller sind tatsächlich gerade E-Mountainbikes wie beispielsweise das Cube Reaction Hybrid und unsere Gutscheine, die ein super Geschenk für jeden sind, der gerne Fahrrad fährt – ob Groß oder Klein. Diesen kann man in jeder beliebigen RADhaus-Filiale in Berlin, Potsdam oder Werder (Havel) einlösen. Auf unserer Website findet ihr unser komplettes Angebot an E-Bikes, auch reduzierte Pedelecs.
Sehr attraktiv, gerade im Bereich Elektrofahrräder, sind außerdem unsere regelmäßigen Preisreduzierungen. Da sollte man als Kunde nicht lange überlegen. Gerade, weil der Fahrradverkauf ein Saisongeschäft ist – wenn weg, dann weg.
ebikespass: Ihr habt Eure Radhäuser an den Berliner Außenbezirken und wahrscheinlich viele Pendler als Interessenten. Werden auch S-Pedelecs nachgefragt? Werden Pendler E-Bikes Eurer Erfahrung nach schon als Zweitwagen-Ersatz gekauft?
RADhaus: S-Pedelecs haben wir im Sortiment, sie werden bei uns aber kaum nachgefragt, da man mit ihnen nicht auf Radwegen fahren darf. Man ist gezwungen auf der Straße zu fahren und da man langsamer unterwegs ist als die Autofahrer, kann das mitunter zu gefährlichen Situationen führen. Insofern entscheiden sich unsere Kunden häufig für ein E-Bike, mit dem sie ganz entspannt die Radwege befahren können.
Das E-Bike: „Autoersatz für Familien“
Für Familien sind E-Bikes auf jeden Fall ein Autoersatz. Gerade in Städten wie Berlin und Potsdam, wo der Straßenverkehr eher zähfließend ist, ist das Fahrrad oft die bessere Wahl. Mit entsprechendem Zubehör wie Kinderanhängern ist der Weg zur Kita ohne große Anstrengungen möglich und mithilfe von Packtaschen lassen sich Einkäufe ganz einfach nach Hause transportieren. Auch E-Lastenräder gewinnen zunehmend an Beliebtheit und werden mehr und mehr nachgefragt.
ebikespass: Welche Rolle spielt bei Euch das „Jobrad“, also Leasing-Modelle?
RADhaus: Bei uns spielen Leasingmodelle eine sehr große Rolle. Immer mehr Menschen pendeln mit dem Rad zur Arbeit und immer mehr Arbeitgeber bieten Leasingmodelle für ihre Mitarbeiter an und da man da wirklich viel Geld sparen kann, gerade, wenn man sich ein E-Bike anschaffen möchte, nutzen die Mitarbeiter diese Möglichkeit der Fahrradfinanzierung immer häufiger. Was die Leasing-Anbieter anbelangen, da arbeiten wir mit allen Hand in Hand. Es gibt keinen Anbieter, mit dem wir nicht zusammenarbeiten.
ebikespass: Was sind die häufigsten Fragen und Themen, zu denen Ihr E-Bike-Neueinsteiger beraten dürft/müsst – jenseits von Schrittlänge messen und Rahmengröße? Kommen einige schon mit einem gewissen Vorwissen und Vorstellungen von ihrem Lieblingsmodell (Motor, Marke, Typ …), oder muss die Beratung bei Null anfangen?
RADhaus: Es gibt zwei Typen, die zu uns in den Laden kommen. Die erste Gruppe, nennen wir sie die Vorinformierten, haben sich vor dem Kauf bereits umfänglich über E-Bikes, die Motoren, Akkulaufzeiten, Antriebe etc. informiert und wissen ganz genau, welches Modell es werden soll. Sie fahren das Objekt der Begierde Probe und sind dann relativ schnell entschlossen. Die zweite Gruppe bedarf einer intensiveren Beratung, da sie noch völlig unbedarft in den Laden kommen. Da geht es dann darum Unsicherheiten aus dem Weg zu räumen und die Unterschiede der einzelnen Räder hinsichtlich des Motorentyps, Akkulaufzeit, Antrieb, Sitzposition etc. deutlich zu machen.
ebikespass: Indoorstrecken zum Testen sind schön und gut, aber nach meiner Erfahrung gerade für Einsteiger wenig aussagekräftig. Und die Auswahl ist bei Euch ja besonders groß. Gibt es bei Euch auch die Möglichkeit, das Wunsch-Ebike über ein Wochenende auszuleihen und sich den Mietpreis ggf. anrechnen zu lassen? Oder andere Testangebote? Ich habe gelesen: “ kostenloser Rückversand“ – bei Nichtgefallen?
RADhaus: Unsere Kunden haben die Möglichkeit alle Fahrräder auf unseren Indoor-Teststrecken auszuprobieren. Diese sind so groß, dass die wichtigsten Funktionen am Fahrrad getestet und eingestellt werden können. Unser Fachpersonal steht außerdem allen Kunden mit Rat und Tat zur Seite und nimmt alle wichtigen Einstellungen zur Sitzposition bis zur optimalen Lenkerposition vor. Einen Verleih von E-Bikes bieten wir nicht an, da diese dann nicht mehr als neuwertige Räder verkauft werden können. Zumal es in Potsdam und Berlin genügend Leihrad- und E-Scooter-Stationen gibt.
ebikespass: Wie hoch ist der Anteil von Kunden, die schon ihr zweites E-Bike kaufen? Mit welchen Erfahrungen und welchen anderen Fragen als die Einsteiger kommen die zu Euch?
RADhaus: Einige unserer Kunden haben sich vor fünf, sechs Jahren ihr erstes E-Bike zugelegt und kommen nun zu uns, um sich über die neueste Technik zu informieren. Besonders die Akku-Technik hat sich aufgrund der Forschungsintensität im Automobilbereich, stark weiterentwickelt. Die Reichweite der Akkus wird immer größer, die Akkus werden immer kleiner und vom Gewicht her immer leichter. Da merkt man schon große Unterschiede im Vergleich zu E-Bike-Modellen aus dem Jahr 2015.
„Der Trend geht zum Zweitrad“
Man kann sagen, dass der Trend zum Zweitrad geht. Viele unserer Kunden haben ein günstiges Stadtrad, dass man auch mal am S-Bahnhof stehen lassen kann und ein hochwertiges Fahrrad, für Sport und Freizeit. Das sind oft Renn- und Fitnessräder, Gravel-Bikes und natürlich E-Bikes. Ergänzt werden E-Bikes oft mit entsprechendem Zubehör wie Packtaschen, Körben, Smartphone-Halterungen und Navigationssystemen.
ebikespass: Für welche der Motoren bietet Ihr auch Service an (Inspektion, Updates…)?
RADhaus: Wir bieten für die Motoren von Bosch und Panasonic an – das sind auch die meist verkauften Motorentypen in unseren Läden. Dazu kommen aber noch verschiedene kleinere Anbieter wie bspw. die Bafang-Motoren, die in COBOC-E-Bikes verbaut sind, Brose-Motoren sowie Fazua-Antriebe die in E-Rennrädern verbaut sind.
ebikespass: Welche Rolle spielt der Diebstahlschutz bei Euren Kunden?
RADhaus: Sicherheit spielt im Bereich E-Bike eine besonders große Rolle. Manche Fahrradhersteller verbauen von vornherein GPS-Tracker in ihren Elektrofahrrädern. Damit lässt sich das Fahrrad orten und im Besten Fall wiederfinden. Man kann diese Ortungs-Technik aber auch nachrüsten.
ebikespass: Danke für das Interview zur aktuellen Fahrrad- und E-Bike-Nachfrage bei Euch!
Bildquellen:
- RADhaus Berlin GmbH
- Fabian Deter / CC BY-SA
- Pedelecs by Wikivoyage and Wikipedia, CC BY-SA 3.0, Link