Die Prien ist einer der längsten Gebirgsbäche in ganz Oberbayern – sogar mit eigenem Radweg! Dieser „Priental-Radweg“ steht eindeutig im Schatten der viel bekannteren Rad-Runde um den Chiemsee. Alle kennen das bayerische Meer – wenige kennen das 32 km lange und sehr abwechslungsreiche Priental. Zu Unrecht: Vom Gebirgsbach über eine tiefe und enge Klamm, über den ruhigen Verlauf in weitem Kiesbett bis zur Mündung im Naturschutzgebiet ist alles dabei. Deshalb ist der Priental-Radweg eine gute Alternative für Wochenenden, wenn es zwischen Prien, Gstadt und Seebruck am See schon mal zu voll werden kann.
Die schönsten Stellen sind auf dem gut ausgeschilderten Radweg leicht zu erkunden: die Mündung in Rimsting am Chiemsee, der abwechslungsreiche Abschnitt rund um Aschau und talaufwärts dann bei Sachrang. Dass der Priental-Radweg etwa 4 Kilometer an der Staatsstrasse 2093 entlangführt, erweist sich für mich nicht als Nachteil: bis auf ein paar Brückenüberfahrten ist der Radweg abgetrennt von der Straße, und selbst an diesem Sommersamstagnachmittag herrscht kaum Verkehr.
Trotz Gewitter noch weiter?
Die Frage ist nur: Wird das Wetter halten? Meine sonst zuverlässige Wetter-App sagt heute Gewitter ab 13 Uhr voraus. Nach kurzer Zwischenstation in Bernau bin ich in Aschau angekommen – es ist jetzt 13 Uhr und der Himmel noch komplett blau, dazu windstill. Die App meint jetzt: Gewitter ab 14 Uhr – aber ich will dem nicht glauben. Wer einmal verschiebt, verschiebt auch nochmal. Dann also weiter rauf ins Priental.
Mittelpunkt der Strecke ist Aschau im Chiemgau. Auf engem Raum treffen sich hier Chiemgau-Highlights von Kultur über Sport bis Natur, etwa das Schloß Hohenaschau oder die Kampenwand-Seilbahn hinauf zum beliebten Gleitschirm- und Wanderrevier um den Gasthof Sonnenalm und die Steinlinghütte.
Auf dem Priental-Radweg
Der Prientalradweg führt oberhalb Aschau weiter entlang der glasklaren Prien – gleich hinter Hohenaschau wird es deutlich enger werden.
Ein Blick hinunter in die Prien Klamm wenige hundert Meter oberhalb von Aschau. Die schmale, ‚Kette‘ genannte Straße wurde im 18. und 19. Jahrhundert von Erzfuhrwerken der früheren Hammerschmiede benutzt und damals mit einer schweren Eisenkette versperrt, deshalb der Name. Man mag es gar nicht glauben, dass der Eisenbergbau 350 Jahre lang Haupterwerb der Aschauer und Prientaler war – bis 1879. Ich will mir schwer beladene Eisenfuhrwerke auf dem holprigen Weg hier oberhalb der Klamm lieber nicht vorstellen…
Gut zu verstehen, dass eine Kapelle an der höchsten Stelle gebaut wurde, zur Sicherung himmlischen Beistands… Immerhin ist die Straße jetzt mit asphaltiert, wenn auch stark löchrig von vielen Frosttagen über mehrere Jahrzehnte, wie es aussieht.
Einen Millimeter pro Jahr hat die Prien ihr Bett in den Kalk geschliffen – so eine Wegetafel. 30 Meter, das dürfte dann so 30000 Jahre gedauert haben. So lange ist die letzte Eiszeit doch gar nicht her. Na ja, das kann man später mal vertiefen…
Es gibt wirklich wunderbare Stellen hier mit direktem Zugang zur Prien, zum Ausspannen, sogar zum Baden, teils schattig, teils felsig.
Vier Kilometer an der Staatsstraße entlang Richtung Sachrang
Weiter hinauf Richtung Sachrang führt der Weg dann wie erwähnt parallel zur Straße.
Kurz vor Sachrang – der Himmel ist immer noch blau, die App frage ich jetzt nicht mehr – entschließe ich mich, vom Radweg nach links abzuzweigen und den Forstweg hinauf Richtung Priener Hütte auszutesten.
Aufwärts Richtung Priener Hütte – Den „Drehzahlmesser“ im Blick
Bis zur Hütte unterhalb des Geigelstein wären es von hier nochmal etwa 600 Höhenmeter. Wahrscheinlich zu viel für den Akku, der bis hier schon 36km absolviert hat mit bislang nur etwas mehr als 300 Höhenmetern. Meist war ich in zudem in Eco gefahren, aber vom Kampenwand-Trip weiß ich, dass Höhenmeter den Akku kräftig fordern, vor allem weil ich mir aufwärts dann doch mal „Standard“ oder „High“ gönnen wollte. Da ich noch über 40 km zurück hatte, nicht nur abwärts, war Maß halten angesagt.
Ein Stück weit wollte ich mich also noch auspowern. Da ich zur Beinmuskel- wie auch zur Kilowattstunden-Schonung im optimalen Bereich der Motorleistung fahren wollte, wählte ich zum ersten Mal für eine längere Zeit die „rpm“Anzeige auf dem Yamaha Display – quasi der Drehzahlmesser am E-Bike. Mit um die 70 Umdrehungen pro Minute sollen (hatte ich hier aufgeschnappt) Motor und Beine das beste Drehmoment haben – den grössten Vorschub für den minimalsten Krafteinsatz. Anderswo steht, das maximale Drehmoment des Yamaha-Motors von 70 NM (Newtonmeter) ergibt sich bei einer Trittfrequenz von 80 U/min. Ich fühle mich mit 70 jedenfalls wohl und bleibe dabei (Hier etwas ausführlichere Info zur Optimalen Trittfrequenz).
Um diese Drehzahl aufrecht zu erhalten muss man ganz nett schalten – wie im Auto bei sportlicher Fahrt. Wird es steiler, runter mit dem Gang an der Kettenschaltung. Wird’s flacher, wieder rauf mit dem Gang. Vor dem Anhalten: Runterschalten, damit beim wieder Losfahren eine effektive Trittfrequenz möglich ist. Das klappt ganz gut und macht Spaß. Ich komme mir fast vor wie ein Rennfahrer mit der Fixierung auf den „Drehzahlmesser“.
Etwa nach einem Drittel der Strecke bot sich ein Ausblick auf Sachrang und die Almen oberhalb. Ganz gut, eine Pause einzulegen. Zur Hütte noch etwa 1,5h zu Fuß, sagt man mir, das hieße also etwa 7 km. Mir dem E-Bike bei etwa 12-15km/h also eine halbe Stunde. Was macht das Gewitter? Nichts zu sehen und zu hören. Die Entscheidung wird mir abgenommen: Wenige Meter weiter hängt großes ein Banner mit „Lebensgefahr“ über dem Forstweg – wegen Baumfällarbeiten. Hm. Da es jetzt drei Uhr ist, entscheide ich mich, umzudrehen. Ich meine auch, der Wind nimmt zu.
Wenige Minuten später – ich halte gerade etwas abseits an einem Brunnen – prescht ein Merzedes G der Bergwacht mit Blaulicht neben mir in die Kurve und den Schotterweg runter. Ich hoffe es hat keinen Unfall gegeben, sondern die hatten es eilig nach dem warmen Tag zum Feierabendbier.
Rund um Sachrang gibt es wohl mit dem E-Bike noch viel zu erkunden. Ein andermal – die Umkehr auf etwa 1000 HM war ein guter Entschluß, denn inzwischen weht tatsächlich starker Wind von Norden ins Tal. Auf der Rückfahrt läßt der Wind zeitweise vergessen, dass der Radweg abwärts führt. In Aschau scheint dennoch zunächst noch noch die Sonne, und ich entspanne mit den Füßen im kalten Wasser der Prien.
Unteres Priental: Aus dem Gebirgsbach wird ein mäandernder Fluß
Flußabwärts ändert sich die jetzt Landschaft. Nach der Unterquerung der Prientalbrücke A8 fließt die Prien einige Kilometer in weiten Kiesbetten dahin. Viele stille Plätze zum Chillen entlang der kaum frequentierten Prien hier.
Zwischen Frasdorf und dem Ort Prien führt der Radweg ein Stück weit östlich oberhalb der Prien entlang der Bahnstrecke Prien-Aschau. Die DB Regio „Westfrankenbahn“ muss sich irgendwie verfahren haben …
Der Blick zurück Richtung Berge: Plötzlich hat sich der Himmel tatsächlich komplett zugezogen. Komme ich noch vor dem Gewitter trocken nach Breitbrunn? Noch etwa 10 Kilometer…
Eine gute Stunde später – ich war nach kurzer Pause in Prien kaum zehn Minuten zuhause – tobte der Regen los… Äste flogen ziemlich heftig durch den Garten, kaum dass das Haibike im Trockenen verstaut war. Und beschädigten die Wegbeleuchtung. Glück gehabt, gutes Timing heute …
Fazit: Der unheimlich abwechslungsreiche Verlauf der Prien macht die Tour insgesamt zum Erlebnis, eine wirklich spannende Alternative zum Chiemsee-Radweg. Und das Dorf Sachrang und die Wege auf die Almen oberhalb, die man vom Aussichtspunkt gut gesehen hatte, habe ich noch gar nicht erkundet …
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